Erste Reden #1: Vincents Gerechtigkeits-Evolution

An dieser Stelle berichten Meisterredner über ihre ersten Reden, im Toastmasters-Jargon auch Eisbrecher genannt.

Heute berichte ich, Vincent. Ich bin erst seit wenigen Monaten bei den Meisterrednern, es macht mir aber bei jedem Treffen mehr Spaß. Meine erste Rede hatte den Titel „Meine Gerechtigkeits-Evolutuion“.

In Pathways, dem digitalen Toastmasters-Ausbildungsprogramm arbeitete ich erst sorgfältig die Lektionen durch. Dort wurde mir erklärt, wie ich die Rede aufbauen sollte und wozu der Eisbrecher dienen soll. Er dient dazu, sich als Neumitglied im Klub vorzustellen.

Leider stand in Pathways nirgends, welches Thema ich wählen sollte. Ich muss mir wohl „warum einfach, wenn es auch kompliziert geht“ gedacht haben und so kam das Thema zustande. Die Idee war, die Entwicklung meiner Gerechtigkeitsvorstellung darzustellen, weil ich finde, dass man einen Menschen am besten kennt, wenn man um seine Gerechtigkeits-Vorstellung weiß.

Meine Vorbereitung lief so ab, ich schrieb einen Entwurf am Computer, feilte mehrfach daran und druckte ihn aus. Damit stellte ich mich vor den Spiegel und hielt die Rede mehrmals, bis ich sie auswendig kannte.

Das war noch einigermaßen einfach, jetzt musste ich die Rede nur noch halten:-)

Am Tag der Rede war ich schon früh im Rhetorik-Klub. Ich half beim Aufbau, mir wurde nebenbei noch die Ehre zuteil, das Amt des Zeitnehmers zu übernehmen. Da muss man so eine Ampel bedienen, die den Redner*innen anzeigt, wie vel Zeit ihnen noch bleibt. Ein wenig Ablenkung, doch plötzlich rief der Moderator mich auf die Bühne.

Da stand ich nun. Ich hatte mich direkt vor das Toastmasters-Pult gestellt und schlug dort wurzeln. Viel zu schnell fing ich viel zu schnell an zu sprechen. Pausen waren noch ein Fremdwort für mich.

Ich redete und redete wie ein italienischer Stadionsprecher und als ich fertig war, verschwand ich schnell von der Bühne. Ich vergaß sogar dem Moderator zum Abschied die Hand zu schütteln!

Gefühlsmäßig muss man es sich so vorstellen: Vorher und währenddessen Adrenalin, hinterher Endorphine. Man bekommt Applaus, der Bewertungsreder lobt einen in den höchsten Tönen (bis auf Sprechgeschwindigkeit und zu wenig Bewegung) und man erhält einen ganzen Stapel von Bewertungszetteln!

Diese Zettelchen waren klasse! Ein wirklich negatives Feedback gab es nicht. Und: Ich hatte nun meine Angst vor dem öffentlichen Sprechen verloren.

Ich denke für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung gibt es nichts besseres als die Toastmasters und die Meisterredner. Wo bekommt man sonst so viel beigebracht und so tolles Feedback?